DER LEICHENWAGENKONVOI DURCH DEUTSCHLAND
Naja, Konvoi mag vielleicht ein wenig übertrieben klingen, aber immerhin, es war sehenswert. Hier ist also die Geschichte, wie Stephan und Meine Eine unsere Cadillac Bestattungswagen in Bremen abgeholt und nach München bzw. Wien gefahren haben.
Praktischerweise bin ich direkt von einer Geschäftsreise von Kanada nach Hamburg geflogen; so hab ich mir zwar nicht den Jetlag, aber noch eine innerdeutsche Fahrt erspart. Stephan ist mit Rainer und dessen Freundin Sandra von Wien nach Hamburg gefahren, in einem Volvo Kombi, vollgestopft mit Werkzeug. Wie die Profis hatten wir damit einen echten Servicewagen, was sich später noch als sehr wertvoll herausstellen sollte.
Wie klein die Welt ist haben wir dann gleich in Hamburg gesehen;
direkt vor dem Hotel, in dem wir gewohnt haben, stand dieser
interessante Benz Leichenwagen; leider ausgeräumt und als
Werkzeugwagen mißbraucht, aber immerhin. Wenn das mal kein
Vorzeichen war! Besonders interessant an diesem Auto sind
übrigens die hinteren Türen; die Verlängerung
des Autos ist nämlich zwischen vorderer und hinterer Tür,
ungewöhnlich aber praktisch. Muß man mal gesehen haben!
Also ab nach Bremen, erstmal zur Zulassungsstelle und ein
Kurzzeitkennzeichen abgeholt. Dann gings durchs Labyrinth des
Industriegebiets zur Spedition; Papierkram erledigen, Schlüssel
abholen und dann die Autos selber einsammeln. Bei der Gelegenheit
kam dann noch das Fernsehteam dazu, um uns auf dem weiteren Weg zu
"beschatten" und viel Filmmaterial zu verbraten.
Meine kleine Hope ist, welch Wunder, gleich angesprungen, und
auch Stephans Schmuckstück hat sich nicht allzu lange bitten
lassen, wenn sie auch ein bißchen heiser klang. Das erste Interview
wurde gedreht, und dann los! Tja, leider hat die Spedition meinen
Tank ein wenig zu gründlich ausgeleert, und prompt
ging mir das Benzin aus; logischerweise mitten auf einer Kreuzung! Wie
peinlich kann es denn noch sein? Zum Glück hatte ich ja mein
Kamerateam dabei und damit einen Benzinholer, es war wirklich nur
ein leerer Tank und so gings dann weiter. *schwitz*
Stephan wollte eigentlich ein Exportkennzeichen, und dafür
braucht man, deutsche Regulierungspflicht, ein TÜV Gutachten,
also erstmal zum TÜV. Tja, leider wollten die Jungs, bevor
sie sich das Auto auch nur anschauen, einen Berg an Papier
sehen, mindestens so schwer wie der ganze Cadillac, damit war dieser
Plan schon mal gestorben. Halb so schlimm, der Wagen war ja noch
zugelassen (in Kalifornien) und versichert, also ab auf die Autobahn,
ab nach Süden.
Mittendrin haben wir immer wieder mal angehalten, Öl, Reifendruck
und sonstiges gecheckt, aber immerhin, wir waren unterwegs! Ein
Mini-Konvoi von zwei Cadillac Leichenwagen auf Deutschlands Autobahnen,
Ihr könnt Euch vorstellen wie manche Leute geschaut haben!
Auch die Filmcrew hat gefilmt wie blöd, umso merkwürdiger
allerdings, daß von diesen ganzen Szenen später keine
einzige Sekunde im Fernsehen zu sehen war.
Letztendlich kam die Mittagszeit an einer Autobahnraststätte;
dort gabs dann nochmal ein kurzes Interview und damit waren wir die
Fernsehleute los. Dafür daß dann aus dem ganzen halben Tag
Filmaufnahmen grade mal 60 Sekunden ausgewählt wurden, hat sich
der Aufwand nicht gelohnt! Aber vorher weiß man das halt nicht
unbedingt.
Bei all diesen Tankstops sind die Autos ziemlich bewundert worden;
manche Leute haben mit den Fingern gezeigt, manch andere sind direkt
auf uns zugekommen und haben gefragt was denn das für Autos seien.
Interessanterweise waren alle Kommentare positiv; jedem scheinen
die Autos ziemlich gut gefallen und einen guten Eindruck hinterlassen
zu haben. Einer hat sogar gleich seinen Fotoapparat herausgeholt
und gefragt, ob er ein paar Bilder machen dürfte!
Auf der weiteren Fahrt hatten wir jedes Wetter das Deutschland so
anbieten kann; von Regen bis hin zu Sonnenschein. Nur gut daß
sowohl die Heizung als auch die Klimaanlage ging! Auch das Radio
funktioniert, wenn es auch mit unseren dichten Funknetz ein wenig
überfordert war. Entweder man hatte alle Sender auf einmal drin,
oder aber gar keinen. Der Motor lief wunderbar, ohne Probleme und
Mucken; bei unserem Cruising Tempo von 60 bis 70 Meilen war
vom Motor nichts zu hören; es ist halt doch ein Cadillac!
Plötzlich, ohne Vorwarnung gabs dann auf einmal einen Knall,
gefolgt von einem lauten Rattern. Das ganze Auto ist ins Schlingern
geraten, zum Glück konnte ich es noch abfangen und gleich auf
der Standspur abbremsen. Ich dachte gleich an meine Princess und
an irgendwas größeres in Motor oder Antriebsstrang, wie
sich herausgestellt hat, hatte sich "nur" der linke hintere Reifen
verabschiedet und seine Lauffläche abgestoßen. Am Auto
selbst war nichts beschädigt und dank Rainer und dem Servicewagen
war auch der Wagenheber sofort zur Stelle. Österreichischer
Gentleman wie Rainer nun mal ist, hat er auch gleich das (neue)
Reserverad montiert, und weiter gings.
Später gabs nochmal eine Straßenreparatur, als der
Vergaser in Stephans Wagen gemeint hat, ein wenig, naja, kreativ
sein zu müssen. Natürlich hat es genau dann zu regnen
angefangen. Während die wahren Experten tapfer weiter geschraubt
hatten, muß ich zu meiner Schande gestehen, habe ich mich dann
doch lieber ins Trockene zurückgezogen. Bei der Gelegenheit
haben uns dann noch zwei Autobahnpolizisten besucht. Abgesehen davon
daß ihnen meine texanischen Nummernschilder nicht gefallen haben,
fanden sie die Autos toll und haben sich mehr dafür interessiert
als für die eigentlichen Papiere. Kann ich verstehen!
Das war allerdings noch nicht alles, was sich Stephans Auto
hat einfallen lassen; später hat es dann noch ein wenig zu
rattern angefangen; wahrscheinlich ein loses Motorlager das
bei einem bestimmten Tempo Musik gemacht hat. Mit gefühlvollem
Gasfuß gings dennoch weiter und so rollte der Konvoi immer
weiter nach Süden. Ich war meistens direkt hinter Stephans Wagen,
und ich muß schon sagen, es ist ein toller Anblick. Vergeßt
einfach alles über Audi, BMW und Mercedes, wenn ein Cadillac
Bestattungswagen neben so einem Teil herfährt ist der Wettbewerb
ums schönere Auto klar entschieden!
An einer Raststation bei Würzburg haben wir dann noch Wolfgang
Grebenhof zu einem Kaffee und ein wenig Autoratsch getroffen.
Allmählich ist es dann auch dunkel geworden, also wars
Zeit für die letzte Etappe, wobei meine deutlich kürzer
als Stephans war. Im Dunkeln mit einem klassischen Cadillac zu fahren
hat einiges für sich, zumindest weiß ich jetzt daß
die cornering lights gehen (cool), und von den indicator lights am
vorderen Kotflügel nur zwei gehen (weniger cool). Letztendlich
kam dann die Trennung des Konvois und mein letztes Stück nach
München, wo ich schließlich um 2 Uhr nachts ankam. Einen
Parkplatz vor dem Haus zu finden war dann auch nicht so leicht,
irgendwie ist Hope doch ein wenig länger als so ein
Golf.
Einen Tag später kam dann auch der lange erwartete Bericht im Fernsehen, oh Gott, welch Enttäuschung. Da fahren die Fernsehleute zu zweit einen halben Tag mit uns quer durch Deutschland, haben zwei Cadillac Leichenwagen in den schönsten Situationen vor sich, und alles haben sie verpaßt. Es kamen vielleicht 30 Sekunden Interview und 5 Sekunden Fahraufnahmen, und keine einzige Aufnahme mit den beiden Cadillacs zusammen. Schade um den ganzen Aufwand, und schade daß niemand diese schönen Bilder zu sehen bekam! Zumindest Stephan, Rainer, Sandra und ich haben es erlebt, und es war toll!
Zum Schluß geht ein großes Dankeschön und
Grüße an Stephan, Rainer and Sandra, die nicht nur
außerordentlich hilfreich, sondern auch sehr nett und eine
prima Gesellschaft waren. Ohne sie wäre die ganze Reise nicht so
leicht gegangen und auch nur halb so viel Vergnügen gewesen.
Danke auch für die schönen Fotos!
Leider wohnen Stephan und ich recht weit voneinander, so daß
sich unsere Autos so schnell nicht wiedersehen werden, aber irgendwann
gibts ein Wiedersehen, und davon wirds dann auch eine Geschichte geben!
Alle Bilder hier stammen von Rainer und Wolfgang, vielen Dank!
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Letzter Update: 01 Januar 2011